Methoden des Impro-Theaters als Türöffner für ein agiles Mindset
Methoden der agilen Organisationsentwicklung sind Handwerkszeug. Und wie ist es beim Handwerken: Ich muss zunächst die Grundlagen schaffen, um überhaupt loslegen zu können. Was nützen mir die besten Werkzeuge, wenn ich nicht damit umzugehen weiß?
Klar, Vergleiche hinken. Doch: Auch die schönsten Werkzeuge der agilen Organisationsentwicklung nützen nichts, wenn sie nicht mit einem grundlegend anderen Verständnis zur Gestaltung menschenfreundlicher Arbeitswelten hinterlegt sind. Zum Beispiel dann, wenn sich Führungskräfte dadurch nur erhoffen, Teamleistungen effizienter zu machen, jedoch davor zurück schrecken, den Raum für wirkliche Selbstorganisation zu öffnen.
Dann bleiben agile Methoden meist Makulatur oder werden von Mitarbeitenden als die nächste Sau an Managementmethoden, die durchs Dorf getrieben wird, erkannt und abgelehnt. Denn Mitarbeitende durchschauen, wenn es nicht wirklich um tiefgreifende Transformationsprozesse geht.
Alter Wein in neuen Schläuchen, ein wenig neue Farbe an die Fassade...
Werkzeuge agiler Organisationsentwicklung, die im Grunde nur angewendet werden, um die hierarchische Macht zu erhalten, ihr aber ein menschenfreundlicheres Antlitz zu geben, sind dann ganz schnell verbrannt. Demotivation und Vertrauensverlust sind die Folgen, und die Hürde, einen wirklichen Transformationsprozess im Sinne von New Work anzustoßen, wird eher größer, weil Mitarbeitende den Glauben daran verloren haben, dass eine Unternehmensführung wirklich etwas ändern will.
Zu Beginn meiner Arbeit als agiler Organisationsentwickler habe ich noch gedacht, dass die Vermittlung von ein paar leicht erlernbaren agilen Methoden ein guter Einstieg in agile Organisationsentwicklung sei. Schnell habe ich aber gemerkt, dass der Arbeit an Grundhaltungen und -überzeugungen eine viel wesentlichere Bedeutung zukommt, um in wirkliche Transformationsprozesse einsteigen zu können.
Schließlich erfordert die Umgestaltung von Arbeitswelten im Sinne des New Work Mindsets eine radikale Abkehr von gängigen, gewohnten und eingespielten Überzeugungen, wie Arbeitswelten zu organisieren seien. Doch wie schafft man das? Wie kommt man dahin, sich ein solches Mindset über mehr als kognitive Prozesse anzueignen, sondern tief zu verinnerlichen?
Ein Zugang dazu liefern Methoden des Impro-Theaters und der Angewandten Improvisation: "Angewandte Improvisation funktioniert nach den Prinzipien von Führen und sich Führen-Lassen. Es weckt die eigenen kreativen und 'ko-kreativen' Momente und lässt so im spielerischen Prozess neue gemeinsame Bilder von der Zukunft und innovativen Lösungswegen entstehen", steht im Vorwort des Buchs "Angewandte Improvisation für Coaches und Führungskräfte" von Susanne Schinko-Fischli geschrieben.
Damit deckt sich Angewandte Improvisation mit Zielsetzungen aus dem New Work Mindset. Beidem gleich ist, eine Anpassungsnotwendigkeit an sich verändernde Rahmenbedingungen nicht als Bedrohung zu verstehen. Dies erfordert jedoch, dass es - anders als im klassischen Management - nicht darum geht, "die 'richtige' Lösung zu finden, sondern verschiedene Wege und Handlungsmöglichkeiten auszuprobieren", so Schinko-Fischli weiter.
Schinko-Fischli stellt fest, dass Führungskräfte und Mitarbeitende in Organisationen viel mehr improvisieren, als ihnen eigentlich bewusst ist und dass Angewandte Improvisation Raum für neue Wege schafft, "weg vom reaktiven Reagieren hin zu kreativem Reagieren auf Veränderungen. Diese Arbeit steht für agile, adaptive Führungsqualitäten sowie effektivere, an den Erfordernissen dynamischer Prozesse orientierte Zusammenarbeit."
"Ja, und..." eben, statt "ja, aber..."
Die Grundprinzipien der Angewandten Improvisation, die Schinko-Fischli mit Aufmerksamkeit und Kontakt, nonverbaler Kommuniktion, Ko-Kreation, Spontanität und Intuition sowie Fehlerkultur und Vertrauen benennt, finden ihre Entsprechung in denen der agilen Organisationsentwicklung.
Insofern bieten Methoden des Impro-Theaters und der Angewandten Improvisation eine Möglichkeit, die Tür zu öffnen und einen Einstieg zu finden, um sich auf ein New Work Mindset einlassen zu können. Sie bringen Menschen dazu, sich in neuen Rollen zu erfahren und zu erspüren, die davon leben, dass gemeinsame kreative Gestaltungsprozesse nach den Prinzipien des "sense and respond" viel weiter bringen als das klassische "predict and control", wie es in so vielen Organisationen gang und gäbe ist.
Gemeinsam mit der Theaterpädagogin, Regisseurin und Musikerin Vanessa Zuber habe ich die Fortbildung "Impro agil. Wie Methoden von Impro-Theater und New Work Arbeitswelten bunter und menschenfreundlicher gestalten" konzipiert. Wir laden mit dieser Fortbildung ein, über die praktisch angewendete Improvisation einen Zugang zu Grundhaltungen zu eröffnen, die esentiell sind, um mit Methoden der agilen Organisationsentwicklung tatsächlich tiefgreifende Transformationsprozesse hin zu den drei Laloux'schen Durchbrüchen "Selbstorganisation, Ganzheit, Purpose" in Organisationen in Gang zu setzen.
Die Fortbildung kann sowohl inhouse wie auch für Personen aus verschiedenen Organisationen durchgeführt werden. Weitere Informationen finden sich hier und gerne im persönlichen Austausch.